Azubis können Chance nutzen - Indulor will neues Werk bauen
 
Von links: Azubi Marius Erdmann, Betriebsleiter Johannes Bremer, die stellvertretende Geschäftsführerin des Bildungszentrums Wolfen-Bitterfeld, Renate Schiffel, Laborleiterin Sabine Gai und Azubi Timo Gerber. Foto: NeumannBitterfeld-Wolfen (hn). Der 16-jährige Marius Erdmann und der 18-jährige Timo Gerber haben gut lachen. Sie bekamen die beiden heiß begehrten Ausbildungsplätze zum Chemikanten bei der Indulor GmbH & Co KG. Dafür mussten sie nicht nur sehr gute Noten, vor allem in Chemie, vorweisen, sondern sich auch in einem Bewerbungsgespräch gekonnt präsentieren. Eine kleine Hürde muss noch genommen werden. Während Marius, er ist in Wolfen beheimatet, inmitten der Abschlussprüfungen an der Realschule steckt, legt Timo aus Jeßnitz gerade sein Abitur ab. Zur Übergabe der Verträge war Betriebsleiter Johannes Bremer eigens aus Bramsche-Hesepe, dem Stammsitz des Unternehmens, angereist. Auch Laborleiterin Sabine Gai ließ es sich nicht nehmen, ihre neuen Schützlinge zu begrüßen. Johannes Bremer konnte den künftigen Auszubildenden einen besonderen Anreiz für eine erfolgreiche Lehrzeit mit auf den Weg geben. In dreieinhalb Jahren, wenn Marius und Timo ihre Ausbildung beenden, soll auch ein neues Werk auf dem Gelände der Indulor seinen Betrieb aufnehmen. Wie Bremer sagte, bekäme sein Unternehmen die Wirtschaftskrise kaum zu spüren. Zudem sei sein Unternehmen davon überzeugt, dass die Wirtschaft in den neuen Bundesländern am zukunftsträchtigsten sei, da dort die modernsten Anlagen stehen. Für Marius und Timo könnte das der nahtlose Übergang von der Ausbildung in ein Arbeitsverhältnis bedeuten. Doch nun heißt es nach den Ferien erst einmal, die Jeans mit dem Blaumann zu tauschen. Einen Großteil der Ausbildung werden die beiden im Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld absolvieren. Die bewährte Kooperation möchte Johannes Bremer nicht missen, denn so weiß er seine Azubis allumfassend auf ihren künftigen Job vorbereitet.
 

 
Das Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld und der Verein Arbeit und Leben erschließen Schülern während der Ferien mögliche Berufsfelder

 
Azubi Kornelia Stoye (Mitte) erklärt Jeffrey Schmidt und Annika Rex, was da im Gefäß vor sich geht. (FOTO: ANDRÉ KEHRER)BITTERFELD/MZ. Nichts kann Annika Rex und Jeffrey Schmidt jetzt ablenken. Die beiden Schüler sind im Lehrlabor des Bildungszentrums Wolfen-Bitterfeld ganz und gar beschäftigt. Kornelia Stoye, Azubi im zweiten Lehrjahr bei Dow Wolff Cellulosics, weiht sie ein in die Geheimnisse der Chemie. Doch ein Geheimnis ist das für Annika und Jeffrey längst nicht mehr, was sich in den Reagenzgläsern und Kolben abspielt. Denn beide - Jeffrey lernt in der achten Klasse in der Sekundarschule Quellendorf und Annika beendet jetzt die zehnte Klasse der Albrecht-Dürer-Sekundarschule Merseburg - haben ihr Interesse für Chemie schon bei Praktika in verschiedenen Firmen der Region unter Beweis gestellt.
 
Jetzt nutzen sie die Ferienwoche. Das Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld macht dazu den älteren Sekundarschülern, die vor der Berufswahl stehen, ein entsprechendes Angebot. Erfahrene Azubis nehmen die Schüler da quasi an die Hand. Die Einrichtung, die 1994 als Verein ins Leben gerufen worden ist und sich vor allem der Erstausbildung aber auch der Umschulung und der beruflichen Weiterbildung widmet, gestaltet zusammen mit dem Verein Arbeit und Leben Sachsen-Anhalt diesen Berufsorientierungs-Workshop.
 
"Auf diesem Gebiet hat sich mit der Zeit sehr viel getan", weiß Renate Schiffel, stellvertretende Leiterin des Bildungszentrums. Doch könne eben allemal noch mehr getan werden. Ihre Erfahrung: Die Unternehmen bilden lieber nicht aus als einen mit schlechtem Abschluss oder mit wenig Interesse. Die Praxis beweist das. Rund fünf Prozent der Ausbildungsplätze der Unternehmen des Verbandes Nordost der Chemischen Industrie sind unbesetzt, weil die Bewerber nicht geeignet waren. Und noch immer liegt auch der Anteil der Azubis, die eine Lehre abbrechen, in Sachsen-Anhalt bei 20 Prozent. Doch das, so Schiffel, betreffe weniger die Azubis in der Großindustrie. "Die Chemie hat jetzt wieder einen guten Ruf", stellt sie fest.
 
Das wissen auch Annika und Jeffrey. Obwohl viele Firmen sich derzeit verhalten zeigen, hoffen sie doch, in der Chemiebranche landen zu können. "Ich möchte Laborantin werden", sagt die junge Frau. "Ich denke, das hat Zukunft. Und der Verdienst ist auch nicht schlecht. Meine Mutter ist Laborantin in Leuna." 80 Bewerbungen hat sie jetzt erstmal losgeschickt. Marlis Erdelyi und Reiner Eckel vom Verein Arbeit und Leben sind beeindruckt. Einer der Schwerpunkte ihrer Arbeit ist die Berufsorientierung, und sie haben mit dem Projekt "mobil und praxisnah", mit dem sie für Fachkräftenachwuchs in naturwissenschaftlichen Berufen werben, schon andere Erfahrungen gemacht: "Es ist erstaunlich, wie weit weg das Thema bei manchen ist."
 
Über zwei Jahre läuft im Bildungszentrum nun das Angebot, dass das so genannte Brafo-Projekt unterstützt. Dies ist ein bundesweit einmaliges Gemeinschaftsprojekt des Landes und der Arbeitsagentur zur frühzeitigen Berufsorientierung. Gefördert wird es über den EU-Sozialfonds und das Land. Vor Ort unterstützen es verschiedene Unternehmen. Anliegen ist es, so Renate Schiffel, das Interesse der jungen Leute für einen Beruf in der Chemie zu wecken. "Chemie ist nunmal das, was die Region ausmacht. Und dafür müssen wir den Berufsnachwuchs sichern. Außerdem sollen die Schulabgänger wissen, sie haben eben auch hier eine Zukunft." In nächsten Ferien läuft das Angebot weiter.
 

 
Junge Leute unterschreiben Lehrverträge bei Chemieunternehmen Indulor
 
Neu im Team: Marius Erdmann (l.) und Timo Gerber (r.). (FOTO: ANDRÉ KEHRER)BITTERFELD/MZ. "Ich freue mich, jungen arbeitswilligen Leuten hier eine Zukunft bieten zu können", sagt Johannes Bremer, Betriebsleiter der "Indulor GmbH und Co KG" im Chemiepark, zur Begrüßung. Viele würden zum Arbeiten in die alten Bundesländer gehen, aber gerade in der Chemiebranche sieht Bremer viel Potential in der Region, denn hier seien die moderneren Anlagen. In Kooperation mit dem Berufsbildungszentrum Wolfen-Bitterfeld, wird das Unternehmen zwei jungen Männern einen Ausbildungsplatz bieten. Marius Erdmann und Timo Gerber unterschrieben am Montag ihre Verträge und werden ab dem 5. August ihre Ausbildung als Chemikanten beginnen. "Ich habe mich schon in der Schule sehr für Chemie interessiert und bin froh, dass ich hier in der Region meine Ausbildung machen kann", freut sich Erdmann. Auch sein zukünftiger Kollege Timo Gerber hat einige Bewerbungen für den chemischen Bereich geschrieben und freut sich, dass es bei "Indulor" geklappt hat.
 
Unterstützt wurden die beiden bei ihrer Suche nach der geeigneten Ausbildung durch das Berufsbildungszentrum, das seit 15 Jahren Teil der dualen Ausbildung in der Region ist. "Einen Teil ihrer Ausbildung werden sie in der Berufsschule, einen Teil bei uns im Berufsbildungszentrum und den praktischen Teil hier im Betrieb absolvieren, erklärt Renate Schiffel, stellvertretende Geschäftsführerin der Bildungseinrichtung, zum Ablauf der Lehre. Die Auswahl der geeigneten Bewerber habe man sich nicht leicht gemacht, zwei Tage sei man mit den Gesprächen beschäftigt gewesen, darum könnten die beiden Berufseinsteiger schon ein wenig stolz auf sich sein, sagt Schiffel.
 
"Indulor" gehört schon seit Beginn der Arbeit im Bildungszentrum zu den Kooperationspartnern. Neben den Ausbildungsplätzen, die das Unternehmen kontinuierlich angeboten hat, stellte man zusätzlich regelmäßig Praktikumsplätze für das "Berufsbildungszentrum Wolfen-Bitterfeld" zur Verfügung. Deshalb lobt Renate Schiffel die gute Zusammenarbeit.
 
Die Firma stellt verschiedene Lösungen und Dispersionen für Kunden aus dem In- und Ausland her. Am Standort im Chemiepark sind rund 70 Mitarbeiter beschäftigt. Die zwei Werke sollen künftig noch erweitert werden, der Ausbau der Produktion ist schon in der Planung. Durch die gegenwärtige Krise fühle sich das Unternehmen derzeit nicht beeinträchtigt, führt Bremer aus. "Wir bilden nicht über Bedarf aus, das heißt, die Lehrlinge haben eine reelle Chance anschließend übernommen zu werden, sagt Bremer. Was freilich keinen Freibrief bedeute, aber bei entsprechender Anstrengung sieht er gute Zukunftschancen für die beiden künftigen Chemikanten.