Das Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld und der Verein Arbeit und Leben erschließen Schülern während der Ferien mögliche Berufsfelder

 
Azubi Kornelia Stoye (Mitte) erklärt Jeffrey Schmidt und Annika Rex, was da im Gefäß vor sich geht. (FOTO: ANDRÉ KEHRER)BITTERFELD/MZ. Nichts kann Annika Rex und Jeffrey Schmidt jetzt ablenken. Die beiden Schüler sind im Lehrlabor des Bildungszentrums Wolfen-Bitterfeld ganz und gar beschäftigt. Kornelia Stoye, Azubi im zweiten Lehrjahr bei Dow Wolff Cellulosics, weiht sie ein in die Geheimnisse der Chemie. Doch ein Geheimnis ist das für Annika und Jeffrey längst nicht mehr, was sich in den Reagenzgläsern und Kolben abspielt. Denn beide - Jeffrey lernt in der achten Klasse in der Sekundarschule Quellendorf und Annika beendet jetzt die zehnte Klasse der Albrecht-Dürer-Sekundarschule Merseburg - haben ihr Interesse für Chemie schon bei Praktika in verschiedenen Firmen der Region unter Beweis gestellt.
 
Jetzt nutzen sie die Ferienwoche. Das Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld macht dazu den älteren Sekundarschülern, die vor der Berufswahl stehen, ein entsprechendes Angebot. Erfahrene Azubis nehmen die Schüler da quasi an die Hand. Die Einrichtung, die 1994 als Verein ins Leben gerufen worden ist und sich vor allem der Erstausbildung aber auch der Umschulung und der beruflichen Weiterbildung widmet, gestaltet zusammen mit dem Verein Arbeit und Leben Sachsen-Anhalt diesen Berufsorientierungs-Workshop.
 
"Auf diesem Gebiet hat sich mit der Zeit sehr viel getan", weiß Renate Schiffel, stellvertretende Leiterin des Bildungszentrums. Doch könne eben allemal noch mehr getan werden. Ihre Erfahrung: Die Unternehmen bilden lieber nicht aus als einen mit schlechtem Abschluss oder mit wenig Interesse. Die Praxis beweist das. Rund fünf Prozent der Ausbildungsplätze der Unternehmen des Verbandes Nordost der Chemischen Industrie sind unbesetzt, weil die Bewerber nicht geeignet waren. Und noch immer liegt auch der Anteil der Azubis, die eine Lehre abbrechen, in Sachsen-Anhalt bei 20 Prozent. Doch das, so Schiffel, betreffe weniger die Azubis in der Großindustrie. "Die Chemie hat jetzt wieder einen guten Ruf", stellt sie fest.
 
Das wissen auch Annika und Jeffrey. Obwohl viele Firmen sich derzeit verhalten zeigen, hoffen sie doch, in der Chemiebranche landen zu können. "Ich möchte Laborantin werden", sagt die junge Frau. "Ich denke, das hat Zukunft. Und der Verdienst ist auch nicht schlecht. Meine Mutter ist Laborantin in Leuna." 80 Bewerbungen hat sie jetzt erstmal losgeschickt. Marlis Erdelyi und Reiner Eckel vom Verein Arbeit und Leben sind beeindruckt. Einer der Schwerpunkte ihrer Arbeit ist die Berufsorientierung, und sie haben mit dem Projekt "mobil und praxisnah", mit dem sie für Fachkräftenachwuchs in naturwissenschaftlichen Berufen werben, schon andere Erfahrungen gemacht: "Es ist erstaunlich, wie weit weg das Thema bei manchen ist."
 
Über zwei Jahre läuft im Bildungszentrum nun das Angebot, dass das so genannte Brafo-Projekt unterstützt. Dies ist ein bundesweit einmaliges Gemeinschaftsprojekt des Landes und der Arbeitsagentur zur frühzeitigen Berufsorientierung. Gefördert wird es über den EU-Sozialfonds und das Land. Vor Ort unterstützen es verschiedene Unternehmen. Anliegen ist es, so Renate Schiffel, das Interesse der jungen Leute für einen Beruf in der Chemie zu wecken. "Chemie ist nunmal das, was die Region ausmacht. Und dafür müssen wir den Berufsnachwuchs sichern. Außerdem sollen die Schulabgänger wissen, sie haben eben auch hier eine Zukunft." In nächsten Ferien läuft das Angebot weiter.