Ehemalige Azubis des Bildungszentrums Wolfen-Bitterfeld absolvieren jetzt dort eine Fortbildung
 
Seit 1994 wird im Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld die Aus- und Weiterbildung zum Industriemeister angeboten. (FOTO: ANDRÈ KEHRER)WOLFEN/MZ. Montags und mittwochs abends sitzen Mandy Bielinski, Mike Schöne, Andreas Rother und mit ihnen einige andere Facharbeiter nach der Arbeit wieder auf der Schulbank. Aus freien Stücken. Denn die Qualifizierung zum Meister wollen sie unbedingt, eröffnet die ihnen doch neue Perspektiven.
 
Im Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld wird diese Aus- beziehungsweise Weiterbildung seit 1994 angeboten. "Wir sorgen also nicht nur für Ausbildung von Lehrlingen, sondern auch für die Fortbildung", erklärt Geschäftsführer Olaf Richard. Jedes Jahr kommt so eine Klasse mit mindestens zehn Frauen und Männern zusammen. Weit über 100, so Richard, haben so im Bildungszentrum ihre Meisterausbildung schon absolviert. Bezog sie sich anfangs ausschließlich auf den Bereich chemische Industrie, sind nun die Fachbereiche Elektrotechnik und Metallverarbeitung hinzugekommen.
 
Im April haben es Bielinsky, Schöne und Rother geschafft und ihre Prüfungen abgelegt. 2006 hatten sie mit der Fortbildung begonnen. "Man merkt, dass die jungen Leute sich auch weiterentwickeln wollen", sagt Richard und verweist auf die erfreuliche Anzahl der Voranmeldungen. "Viele bezahlen das aus eigener Tasche." Die Besten werden von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Halle-Dessau unterstützt.
 
Mandy Bielinski arbeitet bei Dreco, Hersteller von flüssigen Wasch-und Körperpflegemitteln, im P-D Chemiepark Bitterfeld-Wolfen. Seit vier Jahren ist sie Laborantin, seit einiger Zeit hat sie dort das Sagen. "Ich denke, in der Position gehört das dazu, dass ich einen Meisterabschluss vorweisen kann", sagt die junge Frau. In der Firma, erklärt sie, gebe es bislang keinen Chemiemeister. In mehreren Unternehmen werden Leute mit einem solchen Abschluss gesucht.
 
Das weiß auch Andreas Rother, der beim Unternehmen Sensient im Chemiepark in Wolfen, Hersteller von Fein-und Spezialchemikalien, arbeitet. An Meistern mangelt es, die meisten sind Diplomchemiker. "Jetzt bin ich noch nicht so lange aus der Ausbildung raus", meint er, "da macht es sich gut, gleich die Meisterschule anzuschließen. Und das ist ja auch gut für die eigene Zukunft." Auch Mike Schöne, Chemikant bei PV Silicon im Chemiepark, Hersteller von Solarsiliziumprodukten, bildet sich fort. Und hat die selben Gründe wie seine Klassenkameraden. "Unsere Lehre als Azubi war hier im Bildungszentrum schon gut und die jetzt klappt auch. Also: Es dürfte im April nichts schief gehen", sagt er.
 
Schöne sieht viele Vorteile in der Qualifikation. Auch ganz persönlich, meint er, erweitere das den Horizont. Und: "Es macht sich nicht nur in besseren Berufschancen, neuen Aufgaben und in der Anerkennung bemerkbar sondern dann ja auch auf dem Konto."
 
Ihren Berufen wollen die angehenden Industriemeister treu bleiben. Und auch der Region.
 

 
Bayer-Azubis stellen ihren Beitrag für den Wettbewerb vor, der in Teamarbeit entstand
 
Florian Rickert und Patrick Bernhard passen genau auf, ob Bayer-Chef Hans-Joachim Raubach an der Werkbank eine gute Figur macht. (FOTO: ANDRÈ KEHRER)WOLFEN/MZ. Nur ein "Ausreichend" gab es für das Führungsteam von Bayer und dem des Bildungszentrums Wolfen-Bitterfeld von den eigenen Azubis. Die "alten Hasen" haben an Ort und Stelle getestet, was die jungen Leute entwickelt haben. Und das ist unter anderem ein Internet-Programm für die eigene Lernkontrolle.
 
Das ist Teil des Beitrages zum Wettbewerb "Jugend forscht", das die Bayer-Azubis des ersten und zweiten Ausbildungsjahres jetzt in der Lehrwerkstatt des Bildungszentrums vorgestellt haben. Dafür haben sie sich in den zurückliegenden Wochen theoretisch und technisch mit dem Thema Pumpen befasst und eine Pumpenstation errichtet.
 
Der Kern des Projektes ist die so genannte problemorientierte Team-Arbeit, auf die bei Bayer von jeher großer Wert gelegt wird. Auf diesem Weg sollen die Azubis lernen, gemeinsam ein Projekt zu bearbeiten und dabei sich gegenseitig mit den Meinungen und Vorstellungen zu akzeptieren, Konflikte auszuhalten, auch einen Einblick in andere Berufe zu bekommen. Ein wichtiges Kriterium dabei ist die Schulung der sozialen Kompetenz. Denn keiner hätte eine solche komplexe Aufgabe wie die gestellte allein lösen können.
 
"Das war klasse", sagt Ausbilder Wolfgang Branke, "sie mussten ja alle mitmachen und kreativ sein. Das ist immer gut für junge Leute. Und die Idee, die mal nichts wird - das ist nicht schlimm, der Weg, der nicht geht, ist ja auch eine Information. Und eins ist auch klar: Die einen sehen die anderen jetzt mit anderen Augen - der Elektriker ist eben mehr als bloß ein Strippenzieher."
 
150 Bayer-Azubis werden derzeit im Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld praktisch ausgebildet. 36 von ihnen aus dem ersten und zweiten Lehrjahr - sie kommen aus den Bereichen IT-Berufe, Industriemechanik, Automatisierungstechnik, Chemikant - haben am Projekt, das jetzt bei "Jugend forscht" vorgestellt wird, mitgearbeitet. "Ich bin sehr glücklich, dass endlich mal wieder ein Beitrag aus der Region kommt und dazu noch ein Technik-Projekt", sagt Bayer-Bitterfeld-Chef Hans-Joachim Raubach.
 
Ihn stört schon seit langem, dass sich die Bildungseinrichtungen aus der Region bei "Jugend forscht" seit Jahren sehr zurückhalten - zumal die eingereichten Arbeiten der Jugendlichen aus dem südlichen Teil Sachsen-Anhalts bei Bayer vorgestellt und dort von einer Jury bewertet werden. 120 Anmeldungen für den Wettbewerb liegen vor, davon nur eins aus der Region Bitterfeld-Wolfen.
 
Die Azubis des ersten Lehrjahres werden das Projekt weiter betreuen und entwickeln. Ideen haben sie viele, wie Isabelle Nöh, übrigens das einzige Mädchen in der Runde, erklärt. So zum Beispiel die Optimierung der Rohrleitungen, die Verbesserung der Mobilität, die Kopplung des Systems mit einer Zeitschaltuhr und anderes mehr. Auch hier wird wieder jede Berufsgruppe einbezogen.
 
"Das ist Teamarbeit, wie ich sie mir vorstelle", lobt Bayer-Chef Raubach. "Engagement und Kreativität - das erkennt man hier. Und es ist klasse, dass das Bildungszentrum allen die nötige Unterstützung gibt. Eine echt gute Leistung, sich in der Berufsausbildung das zu erarbeiten."


16 Unternehmen präsentieren sich auf der 3. Berufsfindungsmesse - 115 Schüler kamen
 
WOLFEN/MZ. Désirée Schröter will Gestalterin für visuelles Marketing werden. Oder, sollte das nicht klappen, Lehrerin für Ethik, Sozialkunde und Deutsch. Wie sie diese ehrgeizigen Ziele in die Tat umsetzen kann, erfuhr die 16-Jährige dieser Tage in Wolfen.
 
Dort hatten die Schüler der Sekundarschule "Erich-Weinert" aber auch alle anderen interessierten Jugendlichen die Möglichkeit, die dritte Berufsfindungsmesse zu besuchen. 16 Unternehmen präsentierten sich und ihr Lehrstellenangebot. "Wir versuchen die Messe jedes Jahr größer zu machen und mehr Unternehmen der Region ins Boot zu holen", erklärt Lehrer Peter Böhme.
 
An der Schule gibt es seit zwei Jahren eine Steuergruppe "Berufsfindung". Fünf Pädagogen arbeiten aktiv daran mit, alle Fragen rund um das Thema Beruf zu beantworten, Praktika und Weiterbildungen zu vermitteln oder Bewerbertrainings zu organisieren. Die jährlich stattfindende Berufsmesse wird ebenfalls durch die Steuergruppe veranstaltet.
 
Schüler der 7. bis 10. Klasse waren eingeladen worden, sich zu informieren. 115 Anmeldungen gab es im Vorfeld. Viele Schüler kamen gemeinsam mit ihren Eltern und verschafften sich erste Eindrücke an den Informationsständen von Bayer, CBW, den Stadtwerken Wolfen, Metallbau Trebst oder Autohaus Fietz aus Retzau. Neben klassischen kaufmännischen Berufen bot die Großverzinkerei Landsberg einen außergewöhnlichen Beruf zur Ausbildung an - den Oberflächenbeschichter. Das Problem sei, erklärt Personalleiter Harald Kordon, dass dieser Beruf noch sehr unbekannt ist und dass kaum einer weiß, wo man ihn erlernen kann. Seit 2005 gibt es den Ausbildungsberuf. Aus diesem Grund präsentierte sich das Unternehmen, dessen Stammsitz Gelsenkirchen ist, in Wolfen.
 
Zu den Ausbildungsinhalten zählen neben Grundkenntnissen der Metallverarbeitung auch die Fertigkeiten zum Feuerverzinken. Mit Anschauungsmaterial, einer Unternehmenspräsentation und einem Film mit dem außerirdischen ZINQI sollten die Schüler vom neuen Beruf überzeugt werden. "Für das kommende Ausbildungsjahr ist noch alles offen. Wir warten auf Bewerbungen", so Uwe Heller, Werksleiter in Landsberg.
 
Mit den eigenen Händen etwas schaffen, so sieht der Traumberuf von Paul Schulz aus. Er arbeitet in seiner Freizeit gern mit Holz und hat schon kleine Hocker gebaut. "Ich möchte Zimmermann werden", sagt der 14-Jährige bestimmt. Mit seiner Mutter Gabriele Schulz besuchte er den Stand des Bildungszentrums Wolfen-Bitterfeld, wo dieser Beruf ausgebildet wird. "Gerade die jüngeren Schüler, die mit ihren Eltern kommen, sind sehr interessiert", findet auch Ausbildungsleiter Marcel Urban. Trotzdem wüssten viele nicht, welche Möglichkeiten es bei der Stadt Bitterfeld-Wolfen gibt. "Wir bilden in fünf Berufen aus, auch nach der Lehrzeit gibt es Aufstiegschancen bei der Stadt", so Urban.