Jeweils rund ein Viertel der Weiterbildungsanbieter will innerhalb der nächsten fünf Jahre Angebote zur Qualifizierung für altersgerechtes Arbeiten im Betrieb, zum Transfer des Erfahrungswissens ausscheidender Mitarbeiter/-innen oder zur erfolgreichen Bewältigung des demografischen Wandels in Betrieben einführen. Die Branche sieht in derartigen, bislang noch kaum verbreiteten demografie-orientierten Angeboten für Betriebe eine Chance für die Zukunft. Dies zeigt der wbmonitor 2011 mit dem Schwerpunktthema "Weiterbildungsanbieter im demografischen Wandel" des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung - Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen (DIE).
"Die Bedeutung der Weiterbildung für die Bewältigung des demografischen Wandels wird steigen", so BIBB-Präsident Friedrich Hubert Esser. "Besorgnis erregend ist aber, dass sich die Teilnahme an Weiterbildungen in Regionen mit abnehmender Bevölkerung rückläufig entwickelt. Dadurch drohen sich die regionalen Strukturunterschiede noch zu verstärken. Aus Sicht des BIBB ist hier ein koordiniertes Gegensteuern vom Bund und den regionalen Akteuren erforderlich."
1.700 Weiterbildungsanbieter beteiligten sich an der Umfrage des wbmonitor 2011. Im Zentrum stand die Frage, ob sich die Teilnahme "demografierelevanter" Personengruppen in den vergangenen fünf Jahren bereits verändert hat. Gemeint sind vor allem die Altersgruppen 50+ und Jüngere bis 34 Jahre. Aber auch als "Arbeitsmarkt-" bzw. "Qualifikationsreserven" bezeichnete Gruppen (Migrantinnen und Migranten, Frauen, geringqualifizierte Beschäftigte und Arbeitslose) rücken zunehmend in das Interesse von Politik und Wirtschaft, da zur Deckung des Fachkräftebedarfs weniger Jüngere zur Verfügung stehen als in der Vergangenheit. Diese Personengruppen sollen durch Weiterbildung mobilisiert und fit für den Arbeitsmarkt gemacht oder für höherwertige Tätigkeiten qualifiziert werden.
Maßnahmen für Betriebe, die der Qualifizierung Älterer für altersgerechtes Arbeiten, der Gestaltung des demografischen Wandels im Betrieb und dem Transfer von Erfahrungswissen Älterer dienen, sind, so die Ergebnisse des wbmonitor, bislang eher selten. Sie stellen allerdings aus Sicht der Weiterbildungsanbieter den größten Wachstumsmarkt dar.
Die Weiterbildungsbeteiligung der verschiedenen Personengruppen hat sich je nach regionalem demografischen Verlauf unterschiedlich entwickelt. Im gesamten Bundesgebiet verzeichnen die Anbieter nur bei geringqualifizierten Arbeitslosen und Älteren (50+) einen deutlichen Anstieg - bei letzteren ist sogar eine Trendwende in der Weiterbildungsbeteiligung zu konstatieren.
In den Wachstumsregionen verzeichnen die Anbieter deutliche Zuwächse an Teilnehmenden bei fast allen Personengruppen. Demgegenüber entwickelt sich in den Regionen mit Bevölkerungsrückgang die Weiterbildungsbeteiligung insgesamt nachteilig. Die Zuwächse fallen bei den meisten Zielgruppen deutlich geringer aus oder die Beteiligung stagniert, die Teilnahme beschäftigter Akademiker/-innen nimmt sogar ab.
Insofern ist, so die Autoren der Studie, in den Regionen mit sinkender Bevölkerungszahl keine ausreichende Entwicklung erkennbar, mit Weiterbildung den Rückgang des Potenzials an Erwerbspersonen auszugleichen und so die Fachkräfteversorgung zu sichern. Setzt sich diese Entwicklung fort, besteht die Gefahr, dass in diesen Gebieten - insbesondere in Ostdeutschland - trotz fortbestehender Arbeitslosigkeit ein Fachkräftemangel entsteht. Darüber hinaus werden strukturschwächere Regionen in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung weiter zurückfallen, wohingegen die Wachstumsregionen mit Weiterbildung ihre Standortvorteile ausbauen werden. Die Rückgänge in der Weiterbildungsförderung arbeitsloser Fachkräfte und Akademiker/-innen durch die Arbeitsagenturen, die die Anbieter in Regionen mit Bevölkerungsrückgang besonders treffen, können diese regionalen Ungleichheiten noch verstärken. "Die Weiterbildungsförderung sollte regionale Unterschiede stärker berücksichtigen und als wichtiger Baustein der regionalen Strukturentwicklung betrachtet werden", so BIBB-Präsident Esser.
Die Finanzierungsaspekte wirken sich auch auf den ebenfalls im Rahmen des wbmonitor alljährlich ermittelten Klimawert aus, der die wirtschaftliche Stimmung in der Weiterbildungsbranche misst. Er ist 2011 im Vergleich zu 2010 insgesamt positiv und stabil geblieben, wobei betrieblich finanzierte Anbieter von einer glänzenden Geschäftsentwicklung berichten, während der Klimawert der Arbeitsagenturfinanzierten Anbieter erstmals so stark sinkt, dass er negativ ausfällt. Auch für die Zukunft wird eine Fortsetzung dieser Negativentwicklung befürchtet.
Weitere Informationen unter www.bibb.de/wbmonitor sowie zu den regionalisierten Daten auch im Beitrag "Berufsbildung in Zahlen" der BIBB-Fachzeitschrift "Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis" (BWP), Ausgabe 1/2012, unter www.bwp-zeitschrift.de
Zur diesjährigen wbmonitor-Umfrage veröffentlicht das DIE ebenfalls eine Pressemitteilung mit Schwerpunkt Klimawert. Informationen unter www.die-bonn.de