Ausbilder klagen über große Wissensdefizite bei den Lehrlingen

Das Schulzeugnis ist ein wichtiges Dokument zur Bewerbung um einen Ausbildungsplatz. Sind die Noten nicht entsprechend, kommt mancher ins Grübeln. Foto: Stefan Westphal (Foto gestellt)Bitterfeld (rg). In der vergangenen Woche ging das Schuljahr zu Ende. Spätestens nach der Zeugnisausgabe hatte es nun auch jeder Schüler schwarz auf weiß, wie gut oder wie schlecht seine Leistungen in den einzelnen Fächern das ganze Jahr über waren. Und je näher jeder dem Schulabschluss kommt, um so wichtiger werden die Noten, wenn es um die Bewerbung um einen Ausbildungsplatz im so genannten Traumberuf geht. Denn dort hängen die Trauben hoch. Auf der einen Seite gibt es zahlreiche Bewerber um einen Ausbildungsplatz, andererseits fällt es den Unternehmen immer schwerer, für ihre Ausbildungsplätze geeignete Bewerber zu finden. Elf offene Ausbildungsstellen offerierte zum Beispiel die Q-Cells AG vor einigen Tagen noch. Dabei werden von den Bewerbern gute bis sehr gute Noten in den naturwissenschaftlichen Fächern verlangt. Erfahrungen, die unlängst auch der Geschäftsführer des Bildungszentrum Wolfen/Bitterfeld e.V. , Olaf Richardt, bestätigte. Oftmals seien Bewerbungen unvollständig, es fehle das Zeugnis, weil dort nur das Prädikat “Bestanden” steht. Bei Eignungstests und Vorstellungsgesprächen lichten sich dann die Reihen der Bewerber schnell. Wo aber liegen die Ursachen? Beim Workshop mit Sachsen-Anhalts Kultusminister Prof. Dr. Jan-Hendrik Olbertz bescheinigte der Leiter des Berufsschulzentrums Bitterfeld, Werner Hauffe, den Sekundarschulen eine gute Arbeit vor dem Hintergrund, dass die Anzahl der Schulen von 23 auf acht im ehemaligen Landkreis Bitterfeld geschrumpft ist und daher viel Dynamik im Schulbetrieb herrschte. Und auch Franz Köppe, Schuleiter der Sekundarschule “Comenius” in Bitterfeld, bestätigte in der vergangenen Woche im Gespräch mit dem WOCHENSPIEGEL, man habe bei den Abgangsklassen mit Haupt- und mit Realschulabschluss einen guten Jahrgang entlassen. Erstaunlich viele der Realschüler hätten bereits eine Lehrstelle und ein Teil der Hauptschüler wechsele in die 10. Klasse. Also doch alles paletti? Mitnichten! Beim o.g. Workshop mit dem Kultusminister wurde festgestellt, die Jugend ist nicht zu dumm, aber Schule und Praxis müssen mehr Kontakt haben, um den Schülern eine bessere Berufsorientierung schon vor der Bewerbung zu ermöglichen. Dazu wurde am Dienstag im Bildungszentrum Wolfen/Bitterfeld das landesweite Pilotprojekt “BRAFO” (Berufswahl Richtig Angehen Frühzeitig Orientiern) gestartet, das für die 7. und 8. Klassen der Haupt- und Sekundarschulen vier Praxistage als Teil des Schulunterrichts vorsieht. Karola Aschenbach vom Bildungszentrum, die mit Susanne Ropport von den Euro-Schulen die Koordination übernimmt, erläutert das Projekt. “Im ersten Modul werden den Schülern, vorerst der 8. Klassen, acht Berufsfelder angeboten, in vier können sie zur Interessenerkundung schnuppern. Für die ausgewählten Berufsfelder stehen jeweils sechs “Schnupperstunden” zur Verfügung.” Danach ist an Praktikas gedacht. Die Resonanz der Schulen sei bereits positiv aber auch die Eltern sollen mit ins Boot. BRAFO wendet sich aber auch an Unternehmer, ihre Wünsche für die Ausbildung mit einzubringen. Sagen Sie uns Ihre Meinung mit einem Leserbrief: WOCHENSPIEGEL Ortsteil Bitterfeld Mühlstraße 26 06749 Bitterfeld-Wolfen oder per E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 
Modellprojekt soll bei der Wahl helfen - Praktische Einblicke für Sekundarschüler
 
Bitterfeld-Wolfen/MZ. Eines der Hauptprobleme in Sachen Berufsorientierung, die oftmals zu späte Entscheidung, soll im Altkreis Bitterfeld jetzt mit einem Modellprojekt in Angriff genommen werden, das gemeinsam vom Kultus- und Wirtschaftsministerium des Landes Sachsen-Anhalt sowie der Arbeitsagentur initiiert wurde. Vor diesem Hintergrund hatten am Dienstag das Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld sowie die Euro-Schulen Bitterfeld / Wolfen Direktoren und Koordinatoren für das Fach Wirtschaft aller acht Sekundarschulen zu einem Gespräch eingeladen.
Der Geschäftsführer des Bildungszentrums, Olaf Richardt, stellte eingangs das Projekt "Brafo" (Berufswahl richtig angehen frühzeitig orientieren) vor. Er unterstrich dabei, dass es Ziel der Maßnahme sei, durch die Verlagerung des Unterrichts in die Bildungseinrichtungen bei den Schülern der siebenten und achten Klasse Interesse für bestimmte Berufsfelder zu wecken. Acht stehen zur Wahl. Dazu gehören unter anderem Garten- und Landschaftsbau ebenso wie Landwirtschaft, Hotelwesen, Hauswirtschaft, Gesundheit, Kosmetik, Raumgestaltung, Handel, Verwaltung, IT, Callcenter, Chemie und Elektrotechnik.
 
Umgesetzt werde das Projekt in zwei Abschnitten. "Innerhalb des ersten Moduls stehen pro Klasse vier Tage zur Verfügung, an denen die Schüler maximal vier der Berufsfelder erkunden sollen. Sie erhalten nicht nur die theoretische Einführung, sondern dürfen vor allem praktisch Hand anlegen", erklärte Richardt. Dabei kristallisiere sich möglicherweise auch heraus, dass der bisherige "Traumberuf" doch nicht so toll ist und die Interessen in eine ganz andere Richtung gehen. Damit könne man vielleicht auch erreichen, so Richardt, dass weniger Azubis ihren Beruf abbrechen und sich neu orientieren, womit sie natürlich auch Zeit verlieren und Chancen verspielen. Die Erste Etappe, bei der an die achten Klassen gedacht ist, soll Anfang Oktober beginnen. Zeitversetzt kämen die siebten Klassen hinzu. Vom zweiten Modul, das ausschließlich in der schulfreien Zeit zu absolvieren sei und sich auf fünf Tage verteile, führte Richardt weiter aus, sollen insbesondere jene Schüler Gebrauch machen, die sich noch nicht für einen Beruf entscheiden konnten. Hier stehe dann nicht nur die Berufsorientierung im Mittelpunkt, sondern es werde mit den Schülern auch konkret darüber gesprochen, welche Voraussetzungen sie für den jeweiligen "Traumberuf" mitbringen müssen. Das könnte auch zu besseren Leistungen motivieren, die von den Unternehmen immer wieder gefordert werden, hieß es außerdem.
 

 
Junge Leute in drei Berufsgruppen am Wolfener Bildungszentrum freigesprochen
 
Wolfen/MZ. Lachende Gesichter bei 26 jungen Leuten. Kein Wunder, sie haben ihre Lehre erfolgreich beendet, sind jetzt Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft (fünf), Fachkraft für Wasserversorgungstechnik (acht) bzw. Fachkraft für Abwassertechnik (13). Und alle haben gute bis sehr gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
 
Am Freitag sind sie freigesprochen worden, erhielten ihre Zeugnisse. Und auch die sind - nicht schlecht. Zum großen Teil sogar gut. Besser jedenfalls, als der Bundesdurchschnitt in den genannten Berufen. Und die - wurde während einer Pressekonferenz im Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld in der Saarstraße deutlich - haben in den Jahren seit der Wende gründlich ihr Profil gewandelt. Sie wurden zu hoch qualifizierten Berufsgruppen, die auf dem Arbeitsmarkt stark nachgefragt werden.
 
Einer, der seinen Arbeitsplatz bereits sicher hat, ist Jens Kellermann. Der Abiturient hatte aus einer Zeitungsannonce von der Ausbildungsmöglichkeit in der Abwassertechnik erfahren und sich dafür entschieden. Bereut hat er das nicht. Er zählt zu den besten Absolventen und hat während der Prüfungen unter anderem eine spezielle Art der Phosphatausfällung bravourös hingelegt.
 
Olaf Richardt, Geschäftsführer des Bildungszentrums, betonte im Anschluss an die Freisprechung, dass sich seine Einrichtung bereits seit der Wende in Ausbildung und Prüfung der betreffenden Berufe eingebracht hat. Über diese lange Zeit könne eingeschätzt werden, dass die Bewerberzahl dafür starken Schwankungen unterworfen gewesen ist. Entgegen Jahren, in denen es kaum Lehrlinge darin gab, ist die Tendenz wieder ansteigend - und auch das Interesse der Unternehmen. Denn heute gibt es sowohl bei Trink- als auch bei Abwasser oder in der Abfallwirtschaft Bestimmungen und Grenzwerte, die moderne Technologien verlangen. Im übrigen könnten sich Jugendliche, die noch an einer Ausbildung im Naturwissenschaftlichen, Elektro- oder Metallbereich interessiert sind, gern im Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld bewerben.