Im Bildungszentrum Bitterfeld-Wolfen lernen die Pharmakanten im Labor
 
Greppin/MZ. Hendrik Schmidt ist Umschüler. Der 45-Jährige arbeitete vorher in seinem Beruf als Zimmerer, konnte diese Tätigkeit aber nicht mehr ausführen. Nun steht er mit den Auszubildenden der Bayer Werke und des Serumwerkes Bernburg im Lehrlabor des Bildungszentrums Bitterfeld-Wolfen und bereitet sich auf die Zwischenprüfung vor.
 
"Ich habe mich in der Schule schon für die Chemie interessiert", sagt der Mann aus Dessau. Und er hoffe, dass er nach seiner zweieinhalbjährigen Ausbildung auch einen neuen Job bekommen werde. Gleiche Hoffnungen haben auch die Mädchen und Jungen, die mit Bayer oder dem Serumwerk einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen haben und die praktischen Tätigkeiten im Lehrlabor ausführen. "Wenn der Abschluss gut ist, steht einer Übernahme nichts im Wege", erklärt Roswitha Kössler, die leitende Ausbilderin im Fach Chemie. Sie kennt die Situation in den Betrieben, wo händeringend qualifizierter Nachwuchs gesucht wird. "Wir wollen hier die Grundlagen schaffen, damit sich die jungen Leute später im Beruf gut eingliedern können", sagt die Ausbilderin. Für die gute Qualität der Ausbildungseinrichtung spricht auch der Fakt, dass ab September dieses Jahres auch Pharmakanten aus Thüringen mit ausgebildet werden, berichtet Olaf Richardt, der Geschäftsführer der Bildungseinrichtung. Darauf sei man besonders stolz. Man habe für die Azubis auch die Möglichkeit geschaffen, die Lehrzeit von dreieinhalb Jahren um ein Jahr zu verkürzen. Natürlich nur bei sehr guten Leistungen, fügt die Ausbilderin an. Da habe sie aber keine Bedenken, meint Roswitha Kössler, denn die jungen Leute würden mit sehr viel Freude und Elan an die Arbeit gehen.
 

 
Die Freisprechung der Azubis erfolgte in feierlichem Rahmen. (FOTO: ANDRé KEHRER)WOLFEN/MZ. Steffi Mainka hat nicht nur ihren Traumberuf gelernt, sie hat auch den Arbeitsplatz dazu. Heute ist ihr erster Arbeitstag. Der Ionenaustauscherbetrieb IAB im Bayer-Industriepark ist ihr nicht fremd. "Während der Ausbildung war ich dort, ich kenne auch die Leute schon. Und: Ich freue mich drauf", sagt die junge Frau, die am Mittwoch ihr Azubi-Abschlusszeugnis erhalten hat.
 
Steffi Mainka ist einer von insgesamt 80 Lehrlingen von 32 Unternehmen, die am Mittwoch die Ausbildung im Bildungszentrum (BZ) Wolfen-Bitterfeld abgeschlossen haben. "Fast alle haben einen Job, den sie sofort antreten können", sagt BZ-Geschäftsführer Olaf Richardt. Die Vermittlungsrate derjenigen, die hier ausgelernt haben, ist hoch, sie liegt bei über 80 Prozent. "Gute junge Leute werden von den Unternehmen gesucht", sagt er. Beispielsweise von Bayer. 27 Bayer-Azubis haben gerade ihren Abschluss in der Tasche. "Die Besten übernehmen wir selbst oder vermitteln sie in Unternehmen unseres Industrieparks", erklärt Ausbildungsleiterin Regine Hölzel. Seit 1993 arbeitet das Unternehmen mit dem BZ zusammen. "Wäre die Ausbildung nicht so gut, würden wir unsere Lehrlinge anderswo hinschicken", sagt sie. Die Bayer Bitterfeld GmbH ist auch eines von 56 Mitgliedern des Vereins Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld. Auch die 14 Azubis des Impfstoffwerks Dessau-Tornau haben ihren Job in ihrem Unternehmen sicher. Sarah Wille zum Beispiel wird ab Donnerstag das Team im Labor, in dem die Impfstoffe auf Gehalt und Identität bestimmt werden, verstärken. "Bio und Chemie haben mich schon in der Schule interessiert", sagt die Chemielaborantin. "In dem Bereich wollte ich arbeiten."
 
Mit ihrem Berufswunsch liegt die junge Frau im Trend, wie BZ-Chef Richardt bestätigt. Chemielaborant, Chemikant und Elektroniker für Automatisierungstechnik sind die Berufe, die am meisten gewählt werden. Und die offenbar auch hinreichend in der Region gebraucht werden. Nicht nur hier: Jan Timmermann, Betriebsleiter der Adsor-Tech GmbH Premnitz, gratuliert seinen beiden Azubis. Auch auf sie wartet schon ein fester Arbeitsplatz in dem Unternehmen, das Adsorbtionsstoffe wie Aktivkohle herstellt. "Seit 2004 lassen wir hier in Bitterfeld-Wolfen ausbilden.
 
Die Vorzüge der Ausbildungsgemeinschaft liegen auf der Hand. Wir selbst haben nicht die Möglichkeiten, die hier geboten werden", so Timmermann. Diese Vorzüge haben inzwischen sehr viele Betriebe erkannt. Derzeit stehen 30 Berufe zur Auswahl, wobei die Ausbildung im Bereich Chemie / Pharma den Schwerpunkt ausmacht und zugleich das Alleinstellungsmerkmal des Bildungszentrums Wolfen-Bitterfeld in der weiteren Region ist.
 

 
BILDUNGSZENTRUM: Alle Umschüler des letzten Lehrganges haben Job gefunden
 
Wolfen/MZ - Für Matthias Borck ist die Welt jetzt rund. "Ich bin beruflich angekommen", sagt der 29-Jährige. Das war eine ganze zeit nicht so, denn der junge Mann hatte bis vor kurzem noch studiert. Irgendwann habe er jedoch gemerkt, dass das, was er da studiert, eigentlich nicht das Richtige für ihn ist, sagt er. "Da war ich über 25 und hatte noch ein paar Semester vor mir. Irgendwann willst du ja auch Geld verdienen", so Borck.
 
So hat er sich kurzerhand entschlossen, einen Beruf zu erlernen. Doch welche Firma nimmt schon einen über 25-Jährigen und finanziert dessen Ausbildung? "Ich bin dann über die Arbeitsagentur gegangen, habe den Bildungsgutschein genutzt für die Umschulung. Und der Zufall wollte es, dass ich mit dem Bildungszentrum Bekanntschaft machte", berichtet er. Im Bildungszentrum (BZ) Wolfen-Bitterfeld hat er eine Ausbildung zum Chemikanten absolviert. Heute bildet Matthias Borck selbst junge Facharbeiter in der Lehrwerkstatt aus.
 

"Ich bin beruflich angekommen."
Matthias Borck, Ausbilder


"Diese Stelle zu bekommen - was Besseres konnte mit nicht passieren." Und, sagt der Zwei-Meter-Mann, das Lernen ist für ihn noch nicht zu Ende. Im März kommt die Ausbilder-Eignungsprüfung und dann irgendwann die Meisterschule, hat er sich vorgenommen.
 
Matthias Borck ist einer von insgesamt acht Umschülern, die im vergangenen Jahr im BZ ihre Ausbildung mit Erfolg abgeschlossen haben. Nicht nur das: Sie alle haben sofort einen Arbeitsplatz gefunden. "Und zwar in Unternehmen im ChemiePark", sagt Renate Schiffel, stellvertretende Leiterin des BZ. "Das macht uns schon stolz, weil es auch zeigt, dass unsere Ausbildung gut ist. Und dass wir unserem Ziel, vor allem für die Firmen des ChemieParks ein guter Partner sein zu wollen, gerecht werden." Die Spezialisierung auf die Chemie sieht das Team des Bildungszentrums als ein Alleinstellungsmerkmal im Reigen der professionellen Aus- und Weiterbilder der weiteren Region.
 
"Die Leute waren alle zwischen 20 und 37 Jahren, sie hatten alle ihre Chance und die haben sie genutzt - in der Chemie lohnt sich eine Umschulung", sagt Roswitha Kössler, eine erfahrene Ausbilderin, die in diesem Fall für die Chemikanten-Umschüler zuständig gewesen ist. "Für die Zukunft sind Arbeitskräfte in der Chemie nötig." War es vor wenigen Jahren noch mühsam, Absolventen unterzubringen, wendet sich jetzt das Blatt.
 
Unternehmen sind auf der Suche nach guten Fachkräften, manche haben gar schon Sorgen, passende Mitarbeiter zu finden. Dem will das Bildungszentrum etwas entgegensetzen, wie Renate Schiffel sagt. "Wir versuchen, stets eine breite Palette von Fachbereichen und Berufen anzubieten - so zum Beispiel ist im vergangenen Jahr neu aufgenommen worden die Ausbildung zum Pharmakanten." Jetzt lässt sich die Bildungseinrichtung die Umschulung zum Pharmakanten zertifizieren.
 
BZ-Azubis und - Umschülern werden auch Praktika in den heimischen Firmen vermittelt. Matthias Borck zum Beispiel war bei Miltitz Aromatics. Dort hat es mir ganz Klasse gefallen. "Das Klima war gut und die Arbeit hat Spaß gemacht", sagt er. "Nur leider haben sie niemanden gesucht zum Einstellen."
 
Silvio Karl hingegen ist in seinem Praktikumsbegtrieb, der Synthon Chemicals in Wolfen, Hersteller von Spezialchemikalien, eingestellt worden. Der einstige Kraftfahrer, der ein knappes Jahr arbeitslos war, ist auf gleichem Weg wie Borck zu seinem neuen Job gekommen. "Das Arbeitsamt hat mir unter anderem die Umschulung zum Chemikanten angeboten", sagt der Dessauer, "und weil ich dachte, hier in der Region ist mehr Chemie, da hast du bessere Chancen, habe ich zugegriffen. Und es hat geklappt." 26 Monate hat er im Bildungszentrum noch mal die Schulbank gedrückt, hat zwei Praktika bei Synthon, die er sich selbst gesucht hat, absolviert, arbeitet heute im Technikum und ist zufrieden.
 
Renate Schiffel und das BZ-Team sind es auch. Ihr Konzept ist aufgegangen: Nach dem Motto "Viele Wege führen nach Rom" bieten sich heute viele Möglichkeiten, einen neuen Job zu finden, an: Ob das der Weg über den Bildungsgutschein von der Arbeitsagentur, den Berufsförderungsdienst der Bundeswehr für Bundeswehrabsolventen oder der über das Programm "Weiterbildung geringqualifizierter und -beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen"WeGebAu" ist - letztlich waren alle erfolgreich. Das Bildungszentrum bildet in fast 30 Berufen aus, derzeit lernen hier 360 Azubis.