Am Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld gehen die Anmeldungen für Azubis weiter zurück. Doch größere Unternehmen im Landkreis haben offenbar bislang keine Sorgen bei Lehrlingen. Allerdings sei man weit entfernt von Zuständen wie kurz nach der Jahrtausendwende.

Wolfen/MZ. Die Zahl der Auszubildenden geht im Landkreis Anhalt-Bitterfeld weiter zurück. Das ist derzeit auch im Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld spürbar. „Wir würden uns freuen, wenn wir im neuen Jahr wieder mindestens 120 Azubis bekommen.“ In den 20 Jahren seit der Gründung sei das stets gelungen. In diesem Jahr könnte das Ziel verfehlt werden.
 
Denn im Bildungszentrum liegen aktuell weniger Anmeldungen durch Unternehmen vor, als in den Vorjahren, da Jugendliche fehlten. „Die Firmen wären bereit und fragen uns immer wieder, ob noch junge Leute da sind“, erklärt Renate Schiffel, stellvertretende Geschäftsführerin des Bildungszentrums. Die Einrichtung ist auch ein Ansprechpartner und Berufsorientierungshilfe für Jugendliche.

„Leider liegt keine Ausbildungsbereitschaft oder kein -bedarf vor.“
 
An den Berufsbildenden Schulen Anhalt-Bitterfeld, den größten ihrer Art in Sachsen-Anhalt, besuchen den Standort Bitterfeld in diesem Jahr 2600 Azubis von einst 3 800, in Köthen sind es noch 600 junge Menschen. „Die Schülerzahlen sind zurückgegangen, damit müssen wir und genauso die Betriebe klarkommen“, sagt Rainer Woischnik, Leiter der Einrichtung. „Aber laut Kultusministerium ist zumindest bei den Schulabgängerzahlen in Sachsen-Anhalt die Talsohle erreicht.“ Doch so groß die Rückgänge der Lehrlingszahlen auch sind, Woischnik sieht auch die Unternehmen stärker in der Pflicht, mehr Azubis an sich zu binden: „Diesen Mut sollten sie haben.“ Beispielsweise sei es der Berufsbildenden Schule nicht mehr gelungen, den Lehrbetrieb für Gebäudereiniger-Azubis aufrecht zu erhalten - und das, obwohl über 100 Betriebe in Sachsen-Anhalt angeschrieben wurden. „Leider liegt keine Ausbildungsbereitschaft oder kein -bedarf vor. Und das ist nur ein Beispiel von vielen.“
 
Größere Unternehmen im Landkreis haben offenbar bislang keine Sorgen bei Lehrlingen. Zwar sei auch hier der demografische Wandel spürbar, „die Situation ist für uns aber noch luxeriös“, erklärt Ute Walther, Sprecherin bei Bayer Bitterfeld. Es würden sich jährlich immer noch rund 300 Leute auf die Ausbildungsplätze bewerben, von denen dann je nach Bedarf mindestens 15 Personen einen Platz bekommen würden. Allerdings sei man weit entfernt von Zuständen wie kurz nach der Jahrtausendwende. Damals hätten sich zum Teil über 1 000 junge Leute im Jahr an Bayer gewandt.
 
Auch das im Chemiepark ansässige Unternehmen Dow klagt nicht über Bewerbermangel. „Das ist kein Thema“, sagte der Global Business Director von Dow Construction Chemicals, Olivier Maillard, am Rande der Feierlichkeiten zum 20-jährigen Jubiläum der Methylcellulose-Produktion in Bitterfeld. „Dow hat einen guten Ruf, insbesondere an diesem Ort.“