Berufsorientierung hautnah in der Praxis
 
Ob ein Beruf in der Chemie wohl das Richtige ist? Im Lehrlabor konnten es die Schülerinnen selbst probieren. Foto: NeumannWolfen (hn). Die Schülerinnen und Schüler aus Raguhn und Muldenstein sind um die vierzehn Jahre alt und wollen im Lehrlabor des Bildungszentrums Wolfen/Bitterfeld Berufsluft schnuppern. Auf die Frage, wer einmal in einen Beruf in der Chemieindustrie arbeiten möchte, meldet sich nur ein Mädchen. Der Praxistag habe sie in ihrem Berufswunsch Chemikant bestärkt, sagt sie. Die anderen sieben aus der Gruppe wissen indes nun ganz genau, dass ein Labor kein Arbeitsplatz für sie ist. Auch dies ist eine Erkenntnis. „Brafo - Berufswahl richtig angehen frühzeitig orientieren“, heißt das Modell-Projekt, das durch die Bundesagentur für Arbeit und das Land Sachsen-Anhalt aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert wird. Bildungszentrum und Euro-Schulen arbeiten dabei als Träger Hand in Hand. Jede der beiden Bildungseinrichtungen hat eine Mitarbeiterin für die Projektdauer bis Februar 2009 abgestellt. Karola Aschenbach ist Maßnahmekoordinatorin im Bildungszentrum, die ESO-Mitarbeiterin Susanne Ropport betreut das Projekt als Sozialpädagogin. Seit Juli sind die beiden Frauen mit „Brafo“ befasst. Zunächst galt es, die acht Sekundarschulen im Altkreis Bitterfeld vom Projekt zu überzeugen. In enger Zusammenarbeit mit der Schulleitung, unter Einbeziehung der Klassenlehrer und der Eltern wurde mit jedem einzelnen Schüler ein so genannter Eignungsscheck erarbeitet. So manche Wunschvorstellung musste bereits der Erkenntnis weichen, nicht die entsprechenden Voraussetzungen zu erfüllen. Letztlich konnten sich die Schüler aus acht Berufsfeldern vier auswählen, in die sie tiefer hineinschnuppern wollten. Den Auftakt bildeten die Schüler der Sekundarschulen Muldenstein und Raguhn. Bei der Anmeldung zeigten die 73 Mädchen und Jungen am meisten Interesse an dem Berufsfeld Lager/Handel/ Verkauf. An zweiter Stelle lagen /Garten-Landschaftsbau/Landwirtschaft. Platz drei auf der Beliebtheitsskala belegte Gesundheit/Soziales/Kosmetik/Körperpflege. Am wenigsten interessierte Chemie/Industrieproduktion. Sie tauschten nun zum ersten Mal die Schulbank gegen einen Praxisplatz. Schon nach wenigen Stunden relativierten sich Vorstellungen vom jeweiligen Beruf. Dass Friseure gute Kenntnisse in Chemie benötigen, wussten die Jugendlichen bereits. Wie anstrengend es aber ist, einen Fön richtig zu halten, erschreckte schon. Eine sozialpädagogische Auswertung erfolgt mit den Schülern und ihren Lehrern in den folgenden Wochen. Seit Montag haben die Schüler der Sekundarschulen Comenius und Helene Lange den Lernort gewechselt und erproben sich ihrerseits in acht Berufsfeldern.