0 Jahre war Uwe Zautke aus dem Beruf raus, jetzt will er wieder in der Chemie arbeiten. (FOTO: THOMAS RUTTKE)WOLFEN/MZ. Irgendwie passt er nicht so recht in die Truppe junger aufgeregt quasselnder Leute. Die Zeit, als er so vor dem Schulhaus stand, dürfte schon länger vorbei sein. Und doch wiederum passt er hin. Er gehört auch zu den jungen Leuten - zumindest für ein paar Wochen.
 
Uwe Zautke ist Azubi auf Zeit. Der 56-Jährige ist derzeit der älteste Lehrling im Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld. Der gelernte Chemielaborant will hier seine Berufskenntnisse auffrischen und erneuern. "Seit 20 Jahren bin ich aus meinem Beruf raus", sagt der freundliche, groß gewachsene Mann, "jetzt will ich wieder rein."
 
Doch um den Schritt auch mit Erfolg gehen zu können, fehlt ihm der Anschluss. Das Leben, meint er, ist schließlich weiter gegangen - auch in dieser Branche. "Man darf sich nur nicht hängen lassen", hat er erkannt.
 
Doch: Wie verschlägt es einen aus Castrop-Rauxel nach Bitterfeld-Wolfen? Die Antwort ist einfach, und so guckt Zautke auch ein wenig verwundert. "Ruhrgebiet", sagt er nur und hofft, dass sein Gedankengang verständlich wird. Na klar: Chemie. "Ich habe was gesucht, wo ich eine Weiterbildung machen kann", erklärt er. "Das ist in meinem Alter natürlich schwierig. Bei mir daheim gab es in der ganzen Region gar nichts. Hier habe ich es schließlich über das Internet gefunden." Bezahlt wird die Fortbildung über die Agentur für Arbeit. Seit April hat er nun den Status Azubi und sitzt mit den viel Jüngeren auf der Schulbank beziehungsweise steht er mit ihnen im Lehrlabor des Bildungszentrums.
 
Dort macht er durchaus nicht den Eindruck eines Außenseiters. "Ich hatte noch nie Anpassungsschwierigkeiten, mein Leben lang hab ich mit jungen Leuten zusammen gearbeitet. Das ist doch gut", stellt er klar und lacht. "Besser, als von vergrämten alten Menschen umgeben zu sein, die über ihre Zipperlein reden." Doch ist das, was Zautke hier macht, kein Spaß. Am Ende seiner halbjährigen Fortbildung verlässt er das Bildungszentrum mit einer Beurteilung seiner Leistungen. Die, so hofft er, öffnet ihm die Türen zu seinem neuen Job. Denn jetzt, da er zugibt, 20 Jahre nicht in der Chemie gearbeitet zu haben, bleiben ihm die Türen bei vielen Unternehmen verschlossen.
 
In den zurückliegenden Jahren hat Zautke sich "kaufmännisch betätigt" - in Russland, Saudi Arabien und anderswo im Ausland. Dann, als die wirtschaftliche Krise sich abzuzeichnen begann, hat er sich auf seinen alten Beruf, den er bei der Deutschen Babcock, bei Hüls und Ruhrzink mal ausgeübt hat, besonnen. "Chemie, das ist was Solides", hat er festgestellt. "Da weiß man, was man hat." Das will er wieder. Wo - das ist dem Alleinstehenden nicht so sehr wichtig. Findet er hier in der Gegend einen Job, meint er, bleibt er hier. "Wenn nicht, dann nicht. Ich spiele ja auch ein bisschen mit dem Gedanken, wieder ins Ausland zu gehen", so Zautke.
 
Doch ein bisschen hat er sein Herz schon an die Region hier verloren. Das hat auch zu tun mit den Leuten, mit denen er hier zusammen arbeitet. "Ich bin hier sehr gut aufgehoben. Die Ausbilder - alle Achtung! Die Mühe, die sie sich geben. . ."
 
Und auch seinem Hobby kann er hier frönen. Für den Freizeit-Insektenforscher gibt es hier nämlich allerhand zu beobachten.