WOLFEN/MZ. Florian Steinbrenner weiß, er hat sich für den richtigen Beruf entschieden. Am Mittwoch beginnt der Absolvent der Muldensteiner Sekundarschule zusammen mit 123 Azubis im Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld seine Ausbildung. Er wird Chemielaborant. Das ist keine spontane Entscheidung, weil ihm gerade mal nichts anderes einfiel. Der 17-Jährige hat sich das sehr wohl überlegt.
Und wenn die Lehre beendet ist und die Zeugnisse stimmen, dann wird er auch wählen können, in welchem Unternehmen er arbeiten will. Auch da hat Florian seine festen Vorstellungen. "Bei Indulor", kommt seine Antwort wie aus der Pistole geschossen. "Die Firma kenne ich schon, da ist das Klima klasse und die Arbeit macht mir auch Spaß. Ich war dort schon zu Praktika."
Diese klaren Vorstellungen von seiner beruflichen Zukunft entspringen nicht einem Traum. Florian hat dafür einiges getan, hat die Angebote, die Schule und Unternehmen künftigen Schulabgängern machen, genutzt. Denn eigentlich hatte auch er mal eine ganz andere Idee: Koch. Kochen - das hat er bei seiner Großmutter gelernt und das hat ihm immer so richtig Spaß gemacht, sagt er. Und das erste Praktikum zur so genannten frühzeitigen Berufsorientierung, das alle Schüler ab der 7. Klasse absolvieren müssen, führte ihn über das Bildungszentrum (BZ) Wolfen-Bitterfeld direkt in die Lehrküche der Euroschulen. "Das hat mir gefallen", blickt er zurück. Doch der Traum welkte schnell. Denn ein weiteres Praktikum in einer richtigen Hotelküche zeigte die andere Seite der harten Arbeit in einer großen Küche. Da waren die Anforderungen schon andere, wohl eher realistische. "Da habe ich gemerkt: Das hier ist nicht meins", sagt Florian, der gedanklich noch ein anderes Eisen im Feuer hatte: Chemielaborant.
Auch mit diesem Beruf kam er über die frühe schulische Berufsorientierung, das so genannte BRAFO-Projekt, in Berührung. Das ist gemeinsam vom Land Sachsen-Anhalt und der Agentur für Arbeit initiiert worden. Finanziert wird es über Bund, Land und EU. Partner der Schulen im Landkreis sind das BZ und die Euroschulen. Das Projekt läuft seit 2007 und die Erfahrungen, sagt Karola Aschenbach, die Projektverantwortliche im BZ, seien samt und sonders gut. Acht Sekundarschulen sind beteiligt, über 1 000 Schüler haben das Projekt bereits absolviert. Sinn ist es, in der Praxis eigene Erfahrungen zu machen. So erhalten sie während mehrerer Praxistage in der Lehrwerkstatt, der Lehrküche, dem Lehrlabor und anderswo Einblicke in den Beruf. "Immer wieder stellen wir fest, dass Berufswünsche und die Realität verschiedene Dinge sind. Viele haben Vorstellungen, die mit der Wirklichkeit wenig zu tun haben. Da ist es gut, so eine Gelegenheit zu haben", so Karola Aschenbach. Das findet auch Florian. Er hat noch weitere Möglichkeiten wie freiwillige Praktika und Workshops in den Ferien, die ebenfalls von BZ, den Euroschulen und verschiedenen Firmen angeboten werden, genutzt.
"Für mich ist das gut gewesen", sagt er. Doch mit so viel Engagement im Vorfeld gehört er derzeit noch zu wenigen. Deshalb legen sich Schulen und Kooperationspartner mit den Angeboten zur frühen und zur speziellen Berufsorientierung weiter ins Zeug. "Es geht auch darum, die Anzahl derer, die die Ausbildung abbrechen, weil sie etwas anderes erwartet haben, zu senken", so Aschenbach. Das Berufsvorbereitungs-Programm, sagt sie, sei "einmalig bis jetzt in Sachsen-Anhalt". Es soll als Modellprojekt auch in anderen Bundesländern Schule machen.