Philip Burandt erhält seinen Lehrvertrag. Der Sandersdorfer beginnt jetzt im Bildungszentrum seine Ausbildung zum Facharbeiter für Abwassertechnik. Sein Lehrbetrieb ist die Chemiepark GmbH. (FOTO: THOMAS RUTTKE)WOLFEN/MZ. Was Daniel Reichenbach mit einer super Leistung geschafft hat, das müssen die neuen Lehrlinge des Bildungszentrums (BZ) Wolfen-Bitterfeld erst noch hinkriegen. Während der Mann aus Sachsen buchstäblich eine Stunde vor der Eröffnung des Lehrjahres in der Prüfung für seinen zweiten Facharbeiter schwitzt, sind die ersten Azubis auf dem Weg ins Kulturhaus gewesen. Dort haben Olaf Richardt, Geschäftsführer des BZ, und Chemieparkchef Matthias Gabriel das Ausbildungsjahr 2010 / 11 des Bildungszentrums eröffnet.
 
124 Schulabgänger starten in dieser Einrichtung ihre Ausbildung zum Facharbeiter. Sie kommen aus 45 Firmen der Region, die mit dem BZ kooperieren. Die Unternehmen stellen 108 Lehrstellen in 17 unterschiedlichen Berufen zur Verfügung, die Agentur für Arbeit 16. Ein gänzlich neuer Ausbildungsberuf in Sachsen-Anhalt ist auch dabei: Pharmakant.
 
Wie für die 450 Azubis, die derzeit insgesamt im Bildungszentrum lernen, wird auch für Philip Burandt die Nacht kurz sein. Denn um 6.30 Uhr ist Arbeitsbeginn. Der Sandersdorfer, dessen Ausbildungsbetrieb die Chemiepark GmbH ist, hat sich einen eher seltenen Beruf in der Umweltbranche ausgewählt. Er wird Abwassertechniker. "Ich denke, das macht mir Spaß. Das ist was abwechslungsreiches. Und ich muss nicht im Büro sitzen", erklärt er. Im Internet hat er sich ausgiebig informiert. "Ein Freund von mir macht das auch, der hat mir zugeraten."
 
Die meisten Lehrstellen stellt Bayer Bitterfeld zur Verfügung. 31 Azubis haben von diesem Unternehmen und seinen Tochterfirmen wie beispielsweise Lanxess oder Partnern wie Dow Chemicals den Zuschlag bekommen. Auch die Orbita Film GmbH Weißandt-Gölzau gehört mit zwölf Azubis zu den großen Ausbilder-Betrieben. Doch auch kleinere Firmen wie Heraeus, Miltitz Aromatics, Organica und andere stellen Plätze zur Verfügung - nicht zuletzt, um den eigenen Facharbeiterbedarf zu decken. "Ihr habt allerbeste Chancen für die Zeit, die nach der Ausbildung kommt", sagt Gabriel und verweist auf den Generationswechsel, der sich jetzt in vielen Firmen der Region vollzieht. "Es kann nicht schaden, sich anderswo umzuschauen. Doch egal, wo ihr seid, ihr werdet zurückkommen, weil es hier schön ist und weil hier eure Heimat ist. Zieht die Ausbildung durch, seid gut. Und kommt zurück."
 
Auf die Ergebnisse einer guten Berufsorientierung in den Sekundarschulen, in denen das ab der 7. Klasse Pflicht ist und die dabei mit Einrichtungen wie dem BZ und den Euroschulen zusammenarbeiten verweist Jürgen Heil, Vorstandsvorsitzender des Vereins Bildungszentrum. "Das stimmt die Wirtschaft optimistisch", ist er überzeugt. Haben vor noch nicht allzu langer Zeit in Sachsen-Anhalt noch rund 20 Prozent der Azubis die Lehre abgebrochen, weil der Beruf ihren Vorstellungen nicht entsprach, sei die Abbruchrate heute deutlich niedriger, so Heil.
 
Seit der Gründung des Bildungszentrums Wolfen-Bitterfeld 1994 haben hier weit über 2 000 Azubis nach der Verbundausbildung ihre Facharbeiterzeugnisse bekommen. Und das sei enorm. Immerhin liege die Erfolgsquote bei 97 Prozent. In diesem Jahr sogar bei 100 Prozent. Hinzu komme, so der Heil, dass jedes Jahr drei bis vier Absolventen von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Halle-Dessau als Super-Azubis ausgezeichnet werden. "Wir geben jeweils 1 000 Euro für Weiterbildung dazu", wirft BZ-Chef Richard ein.
 
Rund sechs Millionen Euro hat die Einrichtung seit Bestehen in die Optimierung der Ausbildung und die Ausstattung der Kabinette, Labors und Werkstätten investiert - 140 000 Euro allein in diesem Jahr.
 
Das Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld kooperiert in der Verbundausbildung mit 45 Firmen. In diesem Jahr sind vier neue Partner hinzu gekommen - unter anderem die Esra GmbH in Thalheim.