Alle sind glücklich, denn sie haben sämtliche Prüfungen bestanden. (FOTO: KEHRER)
 
WOLFEN/MZ. Das schönste Weihnachtsgeschenk haben sie sich selbst gemacht: Zehn Frauen und Männer, die im Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld noch einmal die Schulbank gedrückt und den Beruf Chemielaborant beziehungsweise Chemikant gelernt haben, sind am Montag freigesprochen worden. "Alle haben bestanden", sagt Olaf Richardt, Geschäftsführer des Bildungszentrums. "Das ist wirklich eine frohe Botschaft." Mit dem Zeugnis - die Prüfung lief über die Industrie- und Handelskammer (IHK) Halle-Dessau - haben sie nun beste Starbedingungen für einen neuen Job in einer zukunftsträchtigen Branche.
 
Während die meisten von ihnen ihre Chance zur Umschulung über die Arbeitsagentur nutzten, absolvierten zwei Mitarbeiter des Unternehmens Evonik die Ausbildung als berufsbegleitende Fortbildung.
 
Christian Dziurla gehört zu ersteren. Er wird der 26. Mitarbeiter im Unternehmen Dr. Felgenträger & Co. - Öko-Chemie und Pharma GmbH in Rodleben, sagt Prokurist Hartmut Appl, der den Neuen mit einem großen Blumenstrauß zur Einstellung beglückwünschte. "Er hat einen so guten Eindruck bei uns hinterlassen, da waren wir schnell geneigt, ihm eine gewisse Offerte zu unterbreiten", so der Prokurist. Überhaupt sei das Unternehmen, das selbst Mitglied des Vereins Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld ist, sehr zufrieden mit der Ausbildung hier. Alle fünf Azubis der Firma, die bisher im Bildungszentrum gelernt haben, seien auch übernommen worden. "Weil sie einfach gut sind", so Appl. Auch Dziurla. "Das passt wie die Faust aufs Auge", meint der lächelnd. Denn mit Chemie hat der 29-Jährige seit der Schulzeit was am Hut. "Das hat mir schon immer Spaß gemacht", meint er. Einige Jahre hat der Mann aus Zerbst in der Stahlbaubranche gearbeitet, bis das Unternehmen in Insolvenz gehen musste. "Mir hat die Arbeitsagentur dann eine Weiterbildung angeboten. ,Ok', dachte ich, ,das machst du. Wer weiß, ob du es bis zur Rente auf dem Bau schaffst.' Außerdem: Man sollte ruhig die Chance nutzen, Neues zu lernen. Und Chemie - die Idee fand ich gut."
 
Über mehrere Praktika ist er zu der Firma in Rodleben gekommen. Das Unternehmen, das 1990 von Fachleuten aus der chemisch-pharmazeutischen Industrie und der Veterinärimpfstoffproduktion gegründet wurde, stellt vor allem pharmazeutische Produkte für die Human- und Veterinärmedizin und Feinchemikalien her. Christian Dziurla, das weiß er schon, wird im Bereich Feinchemie arbeiten. "Mein Vertrag ist unbefristet - eine schöne Sicherheit", freut er sich.
 
Auch Kathrin Sieberling hat ihren neuen Arbeitsplatz schon sicher. Die 30-Jährige wird als Lehrausbilderin für künftige Chemikanten, Chemielaboranten und Pharmakanten im Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld arbeiten. Nach einem nicht vollendeten Biotechnologiestudium sei das genau das Richtige für sie, sagt sie. "Wir sind froh, sie gewonnen zu haben", so Ausbilderin Renate Petrucz, die die junge Frau in diese Richtung immer weiter gefördert hat.
 
Noch keinen Arbeitsvertrag in der Tasche hat jedoch beispielsweise Steve Gruner. Doch entmutigt ist der 33-Jährige nicht. "Ich habe jetzt eine richtig solide Basis", sagt der junge Mann, der ursprünglich Tischler gelernt und später auf dem Bau gearbeitet hat. Auch als CNC-Dreher hat er eine Qualifikation. "Ich denke, der Chemiebereich ist was stabiles. Außerdem werde ich dort jetzt auch die Möglichkeit haben, noch weiter zu kommen, Zusatzqualifizierungen zu machen, mich zu spezialisieren", erklärt er. Und wenn es in der Region nichts wird mit einem Job, meint der Dessauer, dann gucke er sich "in Richtung Schweiz" um. Bis Februar gibt er sich noch Zeit hier.


Verbundausbildung
Kooperation mit Firmen

HALLE (SAALE)/MZ. Im Jahr 1994 ist das Bildungszentrum (BZ) Wolfen-Bitterfeld gegründet worden. Pro Jahr werden in der Bildungseinrichtung, in der ein Schwerpunkt auf dem Gebiet Chemie liegt, im Durchschnitt rund 400 junge Leute ausgebildet.
 
Das BZ arbeitet mit rund 60 Firmen der Region im Verbund. Rund 40 Ausbildungsberufe in Bereichen wie Labor- und Prozesstechnik, Elektro, Informations- und Medientechnik, Metall, Wirtschaft und Verwaltung, Farb-und Raumgestaltung sowie Bautechnik stehen zur Auswahl. Seit neuestem gibt es den Beruf Pharmakant.
Hinzu kommt das Angebot der Einrichtung zur Weiterbildung und Umschulung auch älterer Arbeitnehmer sowie berufsbegleitender Lehrgänge.