115 junge Frauen und Männer beginnen im Bildungszentrum ihre Ausbildung. Einige Plätze blieben jedoch leer. Späteinsteiger sind willkommen.
 
Die 110 neuen Auszubildenden, die im Kulturhaus Wolfen begrüßt wurden, kommen aus mehr als 40 Betrieben und Institutionen.  (BILD: André Kehrer)
 
Wolfen. Celine Vieweg und Maurise Hinsche haben die Chance beim Schopf gepackt. Die 16-Jährige aus Roitzsch hat bei der Firma Teckentrup eine Ausbildung zur Industriekauffrau begonnen. Der 17-jährige Wolfener möchte sich bei Organica Feinchemie als Fachkraft für Lagerlogistik beweisen.
 
Die Praxis ihrer künftigen Berufe erleben beide in ihren jeweiligen Unternehmen. Ein Großteil der Theorie aber wird ihnen im Berufsschulzentrum vermittelt. Das Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld gibt das berufspraktische Handwerkszeug mit auf den Weg. Dort begann am Mittwoch für Celine und Maurise das erste Ausbildungsjahr.

Olaf Richardt begrüßt die Azubis.  (BILD: Andre Kehrer) Sie gehören zu 115 jungen Leuten, die im Bildungszentrum in 16 Berufen lernen. Die Palette reicht von Chemie über Elektro- und Verfahrenstechnik bis zum kaufmännischen Bereich. „Wir haben in allen Berufsfeldern, in denen wir ausbilden, Neulinge am Start“, bestätigt Bildungszentrum-Geschäftsführer Olaf Richardt. Allerdings muss er auch einen Wermutstropfen ausschenken: Das Bildungszentrum könnte noch deutlich mehr junge Leute schulen.
 
Momentan sind 15 Stellen nicht besetzt. „Wir wissen vom Bedarf in den Unternehmen“, erklärt der Geschäftsführer und lässt deshalb die Hintertür für Späteinsteiger weit offen. „Bis zu drei Monaten kann nachgemeldet werden“, sagt er und animiert Schulabgänger ohne Lehrstelle, Bewerbungen beim Bildungszentrum abzugeben. „Wir leiten die Unterlagen dann direkt weiter.“
 
Der Bedarf der Unternehmen an Nachwuchs ist groß. Für die Auszubildenden habe es selten so gute Voraussetzungen gegeben, betont Christian Haserodt. Er ist Fertigungsleiter bei Teckentrup und erinnert daran, dass viele Mitarbeiter des Unternehmens zur Wendezeit zwischen 30 und 40 Jahre alt gewesen wären. „Sie steuern heute auf den Ruhestand zu. Das ist die große Chance für den Nachwuchs.“
 
Teckentrup rührt wie andere auch die Werbetrommel. Schon bisher lag die Übernahmequote bei Auszubildenden bei 90 Prozent. Der Wert dürfte noch weiter ansteigen.

Für Celine Vieweg war es weniger die Theorie als die Praxis, die für eine Ausbildung bei Teckentrup sprach. Das Unternehmen liegt nicht weit weg von Zuhause. Zudem konnte die junge Frau dort bereits Praxisluft schnuppern. „Mal sehen, wie es weitergeht.“ Das meint auch Maurise Hinsche, der Ausbildung in seiner ganz persönlichen Hierarchie der Lieblingstätigkeiten dem klassischen Schulunterricht deutlich vorzieht. „Sollte mehr mein Ding sein“, ist der Wolfener überzeugt.
 
Dass Ausbildung im Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld alles andere als Zuckerschlecken ist, liegt auf der Hand. Die Erwartungen sind bei den Ausbildungsbetrieben und im Bildungszentrum hoch. „99 Prozent unserer Azubis haben letztes Jahr die Prüfungen in unserem Bereich im ersten Anlauf bestanden“, erinnert Olaf Richardt. 30 junge Leute beendeten ihre Ausbildung sogar vorzeitig und waren im Ranking der Kammern ganz vorn zu finden. „Es wäre schön, wenn es so weitergehen könnte“, gibt der Geschäftsführer den neuen Azubis bei der offiziellen Begrüßung mit auf den Weg.
 

 
Ein Jubiläum kann das Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld in diesem Jahr feiern. Denn 1994, also vor 20 Jahren, nahm es seinen Ausbildungsbetrieb auf. Die Einrichtung bietet in Zusammenarbeit mit zahlreichen Unternehmen der Region die klassische Verbundausbildung an.
 
Zu Partnern des Zentrums gehört seit Jahr und Tag zum Beispiel die Bayer Bitterfeld GmbH. Das Unternehmen hat in 20 Jahren insgesamt 624 Azubis ausbilden lassen. 90 Azubis kann Solvay Chemicals in die Bilanz einstellen. 50 waren es bisher bei Heraeus Quarzglas.
 
Im neuen Ausbildungsjahr arbeitet das Bildungszentrum neben den altbekannten Partnern auch mit Unternehmen aus Weimar und Genthin zusammen. Ausgebildet wird in den Bereichen Labor- und Prozesstechnik, Informations- und Medientechnik, Metalltechnik, Elektrotechnik, Wirtschaft und Verwaltung.

 
Das Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld besteht schon seit 20 Jahren. Dort wird in 25 Berufen ausgebildet, die Absolventen sind gefragt auf dem Arbeitsmarkt.
 
Erwachsene können sich im BZ Wolfen-Bitterfeld in modularer Ausbildung qualifizieren.  (BILD: archiv) Wolfen/MZ. Totgesagte leben länger: Kaum einer außer den Machern hat im Jahr der Gründung daran geglaubt, dass der Verein Bildungszentrum (BZ) Wolfen-Bitterfeld lange existieren wird. Er existiert bereits 20 Jahre - und das sogar erfolgreich. Am Freitag wurde das Jubiläum begangen. Weit über 2.000 Azubis und über 3.000 Fortbildungs- und Umschüler haben hier ihre Ausbildung seit 1994 absolviert. Und nicht irgendwie. Wer das Zeugnis vom Bildungszentrum vorweist, hat super Chancen auf einen Job. „Die Vermittlungsrate ist sehr hoch“, sagt BZ-Geschäftsführer Olaf Richardt.
 
Das hat Gründe. Eine frühzeitige gute Berufsorientierung, eine hohe Qualität der Ausbildung und ein gutes Lehrer-Schüler-Verhältnis stehen seit Jahren dafür. Die Abbrecherquote, die im Durchschnitt in Deutschland bei 25 Prozent liegt, ist laut Richardt im BZ bei acht Prozent. Und 98 Prozent der Prüflinge haben in den zurückliegenden 20 Jahren ihre Abschlussprüfung, die die Industrie- und Handelskammer (IHK) Halle-Dessau abnimmt, auch erfolgreich bestanden. Das übrigens ist deutschlandweit Spitze.


Partner für praktische Ausbildung

Die Einrichtung hat von Anfang an auf Erstausbildung als Kernkompetenz gesetzt und mit dem so genannten dualen Modell ein Alleinstellungsmerkmal entwickelt. Das BZ steht quasi als Bindeglied zwischen der Theorie-Vermittlung in der Berufsschule (meist das Berufsschulzentrum „August von Parseval“) und der Praxis im Unternehmen, es übernimmt als Dienstleister für die Firmen die Rolle des handwerklich-praktischen Ausbilders. „Viele haben gar keine Zeit, sich so intensiv um ihre Azubis zu kümmern. Da finden sie in uns den Partner“, erklärt Jürgen Heil, amtierender Vorstandsvorsitzender.

Die ersten Partner damals, Firmen wie Abasys, TDA, SIS, Teutloff und andere, gehören zu den Gründungsmitgliedern des Vereins Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld, blickt Heil zurück. „Sie haben damals das Risiko nicht gescheut - Großunternehmen gab es nicht mehr, Ausbildungsplätze demnach auch nicht. Und der Markt war 1994 aufgeteilt, doch mit Erstausbildung hatte keiner was am Hut - aus finanziellen Gründen. Wir haben noch das letzte Trittbrett des D-Zuges erwischt.“ Zwölf Gründungsfirmen waren sie damals, die Anzahl der Mitglieder ist heute auf 57 gestiegen.


Ausbildung in 25 Berufen

Ausgebildet werden die Lehrlinge heute in 25 Berufen in den Bereichen Metall, Elektro, Chemie sowie im kaufmännischen Bereich. „Und wir sind in der Lage, diverse mehr anzubieten“, sagt Richardt. Berufe wie Pharmakant, Mechatroniker und Ver- und Entsorger zum Beispiel sind neu hinzugekommen. Dafür ist der Bereich Bau/Raumgestalter zurückgegangen. „Wir passen uns den Erfordernissen des Marktes an“, so der Chef.
 
Mit der Chemie-Ausbildung übrigens punktet das BZ wie kein anderer Ausbilder. Pharmakanten werden fast ausschließlich hier ausgebildet. 65 Prozent der BZ-Azubis lernen einen Chemie-Beruf. Am gefragtesten ist Chemikant. „Sicher ist das nicht der Traumberuf, wie überhaupt technische Berufe in der Beliebtheitsskala heute nicht weit oben stehen“, meint Richardt, „aber es ist einer, der am Standort gebraucht wird.“ Die Zukunft, weiß er, liegt hier. Zog die Arbeit noch vor Jahren junge Leute in die Ferne, suchen heute die Unternehmen am Standort händeringend gut ausgebildete Facharbeiter.