BILDUNGSZENTRUM Vom Experiment im Labor zur Anwendung im Technikum: Polnische Azubis erleben im Lehrlabor zwei spannende Wochen.

Bitterfeld/MZ - Grzegorz Smiechowski kommt aus Wroclaw, er absolviert an der dortigen Fachschule eine Ausbildung in Sachen Chemie. Jetzt aber steht er wie weitere 16 seiner Mitschüler im Lehrlabor des Bildungszentrums (BZ) Wolfen-Bitterfeld und erfährt, wie Chemieausbildung in Deutschland läuft.

 

"Erasmus führt nach Wolfen" [jpg]Dem Labor folgt Technikum

Dass sie unter den Fittichen von Michael Riedel, promovierter Chemiker und Lehrausbilder im BZ, experimentieren, analysieren und später in verfahrenstechnischen Anlagen im Technikum zusammen mit den hiesigen Azubis ihre Arbeit vom Labor in die nächste Stufe überführen können, ist allemal interessant und spannend. "Da passiert richtig was", weiß BZ-Geschäftsführer Steffen Rusetzki. Von den 17 polnischen Azubis, die daheim alle das Abitur als Grundlage ihrer Ausbildung haben, wollen zehn Chemikant werden, sieben Chemielaborant.

Sie alle sind über ein Projekt des Erasmus-Programms, ein Förderprogramm der Europäischen Union vor allem für Azubis und Studenten, nach Bitterfeld-Wolfen gekommen. Schon vor etwa zehn Jahren, sagt Steffen Rusetzki, war eine Erasmus-Delegation aus Wroclaw hier. Seitdem besteht loser Kontakt zwischen den beiden Bildungseinrichtigungen.

 

"Ich fand die Chemie schon als Kind sehr spannend."

Grzegorz Smiechowski, Azubi aus Wroclaw

 

Und nun hat es erneut mit einem Austausch geklappt. Eigentlich war für die Jugendlichen ein Praktikum in Spanien vorgesehen. "Da kam was dazwischen und so hat man sich auf uns besonnen. Das freut uns", so Rusetzki.

Seit Jahren begleitet auch Agnieszka Zabnewska Azubis, die zu einem Erasmus-Projekt ins Ausland aufbrechen. Die Sprachmittlerin ist unersetzbar - nicht nur, weil sie sowas wie die gute Seele der jeweiligen Gruppe ist, sondern vor allem wegen der sprachlichen Barrieren. "Alles in Englisch, das ist schwierig. Es sind ja so viele Fachbegriffe gefragt", sagt sie. Also übernimmt sie den Part - und es läuft. Denn nach der Arbeit im Labor steht so auch manche kulturelle Aktivität auf dem Programm.

Von den zwei Wochen Aufenthalt in der Region ist eine bereits um. In der stand unter anderem auch eine Rundfahrt durch den Chemiepark auf dem Plan. "Davon waren alle beeindruckt. Folgen werden noch Betriebsbesuche - zum Beispiel einer bei Verbio", sagt Kati Richter. Ausbildungsleiterin für das Lehrlabor. "Dort werden sie sehen, wie das Grundwissen, das wir vermitteln, in der Praxis angewendet wird. Das ergibt dann einen Aha-Effekt, hoffen wir."

Grzegorz Smiechowski hat für seinen beruflichen Lebensweg schon ganz konkrete Vorstellungen. Nach der Ausbildung, sagt der 18-Jährige, soll sich das Chemie-Studium anschließen. Später will er im Bereich Kunststoffe oder Polyester arbeiten. Die Augen geöffnet für die interessante Naturwissenschaft Chemie habe ihm sein Onkel, erzählt er. Er sei ein Direktor bei Orlen, einem polnischen Mineralöl-Veredler und Tankstellenbetreiber, gewesen. "Ich fand das schon als Kind alles spannend. Und die Lehrerin hat mich weiter dafür interessiert", sagt er. So findet er auch die Arbeit hier im BZ-Labor so toll.

 

Viel Geld für Modernisierung

Einige der sechs Labore im Haus sind grundlegend modernisiert, neue Unterrichtsräume entstanden, modernste Technik wurde angeschafft. 1,5 Millionen Euro sind so in den vergangenen zwei Jahren hier investiert worden, wie Geschäftsführer Rusetzki erklärt.

111 Schulabgänger, die in 44 Unternehmen eine Stelle gefunden haben, haben in diesem Jahr im BZ ihre Lehre begonnen. So sind aktuell rund 400 Azubis hier, die in 18 Berufsfeldern ausgebildet werden.


Mitteldeutsche Zeitung, Christine Färber, 16.11.2021