141 Azubis aus 50 Unternehmen haben gestern ihre Ausbildung im Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld begonnen. FOTO: MICHAEL MAUL

LEHRJAHR 141 Azubis aus 50 Firmen haben im Bildungszentrum Wolfen-Bitterfeld einen neuen Lebensabschnitt begonnen. Gute Fachkräfte zu finden, ist schwierig.

VON CHRISTINE FÄRBER

WOLFEN/MZ - Das Weckerklingeln heute früh hörte sich an wie jeden Tag. Und doch begann pünktlich um 7 Uhr für Florian Schöttge, Sarah Schindler, Maximilian Heidrich und Hunderte weitere Azubis im Landkreis ein anderer als gewohnt: der erste Ausbildungstag und damit der Schritt in die Berufswelt.

Die drei Jugendlichen gehören nun zum Team des Bildungszentrums (BZ) Wolfen-Bitterfeld, das mit 141 neuen Azubis ins Lehrjahr 2019/20 startet. Ausgebildet werden sie in insgesamt 19 Berufen. Maximilian Heidrich zum Beispiel wird Abwassertechniker, Sarah Schindler Industriekauffrau und Florian Schöttge Chemikant. Damit liegen vor allem die
jungen Männer voll im Trend, denn im Bereich Labor- und Prozesstechnik registriert das BZ die mit Abstand meisten Azubis. Dafür interessieren sich allein 85 Jugendliche, sechs verschiedene Berufe können sie hier erlernen. Und das ist freilich auch der am meisten gesuchte Abschluss in der Chemieregion.

„Gefragt wie Goldstaub“, bringt es Stefan Müller, Chef von Miltitz Aromatics, auf den Punkt. Das Unternehmen, Hersteller von Aroma- und Duftstoffen, hat zwei Azubis aufgenommen - Chemikanten. „In den letzten Jahren ging es darum, den Generationenübergang hinzubekommen. Jetzt geht es darum, überhaupt geeignete Fachkräfte zu finden“, sagt er. „Wir hoffen, sie gefunden zu haben. Wenn sie die Performance zeigen, die sie in ihrer Bewerbung und Vorstellung gezeigt haben, dann haut es hin.“

Aus 50 Firmen kommen die jungen Leute, die heute ihre praktische Ausbildung im BZ begonnen haben. Dass die von Qualität getragen ist, beweist die Tatsache, dass sage und schreibe 98 Prozent aller rund 4 000 Azubis, die in den vergangenen 25 Jahren hier ausgebildet wurden, dasHaus mit einem Facharbeiterabschluss verließen. Und zwar im ersten Anlauf, wie BZ-Geschäftsführer Steffen Rusetzki betont. Bei Chlorhersteller Nouryon,berichtet Christina Marie Bartels, lief es entspannter. Auf zwei Chemikanten-Stellen kamen 32 Bewerbungen. Schwieriger sei es bei der Stelle für einen Elektriker für Betriebstechnik gewesen. Obwohl gerade diesem Beruf mit fortschreitender Automatisierung und Digitalisierung eine große Zukunft bevorsteht.

Der i-Punkt ist der Elektroniker auch für Heraeus. Der Quarzglashersteller, der trotz aktueller Kurzarbeit optimistisch in die Zukunft blickt, hat 14 Azubis eingestellt. „Wir haben viel Arbeit reingesteckt - Tage der offenen Tür, Girls- und Boys-Days und mehr -, um gute Leute zu finden. Es geht nicht um Quantität, sondern um Qualität“, sagt Steve Ziesche, Ausbildungsleiter am Standort Bitterfeld.

Die Erfahrung, sich öffnen zu müssen, um Mitarbeiter zu finden, haben inzwischen alle Unternehmen gemacht. Solche Aktionen haben beispielsweise bei Florian Schöttge gefruchtet. Mehrere Praktika sowie Boys-Days hat der junge Mann bei Unternehmen im Bayer-Industriepark absolviert. Mit Spaß an der Sache und viel Interesse. „Ich hab mich bei Bayer beworben“, sagt er, „und bin bei Lanxess angekommen.“ Florian Schöttge wird Chemikant. Abwassertechniker will Maximilian Heidrich werden. Ausschlaggebend dafür  seien Praktika bei der Chemieparkgesellschaft im Bereich Netze gewesen. „Das hat mir gut gefallen.“


Mitteldeutsche Zeitung, 15. August 2019